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P30 Pro: Der Pro-Modus

Johannes Voutsinas • Nov. 24, 2019

So funktionieren die manuellen Einstellungen des P30 Pro


Den Pro-Modus findet man, wenn man auf dem Handy die Kamera-App startet und die einzelnen Menüpunkte nach rechts zieht, bis zu dem Reiter Pro. Betrachtet man nun die Anzeige, so schaut hier zunächst alles sehr vertraut aus. Ich kann links oben meinen Blitz anschalten oder ein Dauerlicht aktivieren. Auch der normale Zoom steht mir zur Verfügung. Alles ist so wie immer, bis auf einige, kleine Besonderheiten. So gibt es im Pro-Modus zum Beispiel keine Selfie-Funktion. Außerdem fehlt die AI. Sie kann hier nicht hinzugeschaltet werden.

Wirklich spannend ist der untere Bereich unserer Kamera. Hier hat sich eine Leiste mit  kleinen Symbolen, Buchstaben und Zahlen geöffnet und genau diese werden wir uns nun einmal genauer anschauen. Dazu stellen wir uns die Frage, worum es beim Fotografieren eigentlich geht. Was ist der wichtigste Faktor, damit ein Bild aufgenommen werden kann?

Das wichtigste Element beim Fotografieren ist das Licht, denn ohne Licht kein Foto. In diesem verrückten Pro-Modus werden wir Faktoren kennenlernen, die das Licht bzw. die Belichtung unserer Aufnahmen beeinflussen und wir werden, am Ende erkennen, dass diese auch fest miteinander verbunden sind. 

 Der Messmodus 

Schauen wir zunächst einmal auf unserer neue Leiste ganz nach links. Wir sehen dort ein Rechteck in dem sich zwei Klammern befinden. Drücken wir auf diese Rechteck öffnet sich ein Schieberegler und wir können zwischen diesem Rechteck mit den zwei Klammern, einem Rechteck mit zwei Klammern und einem Punkt in der Mitte und einem Rechteck mit nur einem Punkt wählen.  Mit diesem Rechteck bestimme ich den Messmodus meiner Kamera, das bedeutet, ich lege fest, was genau sie eigentlich erfassen soll und zwar Anhand meines Motives. Das Rechteck mit den zwei Klammern misst Motive die weit und breit sind, zum Beispiel Landschaften, das Meer, ein langezogene Häuserfront, einen Hafen. Alles was sich lang über mein Bild erstreckt wird hier gemessen und mit dieser Einstellung bestmöglich erfasst. Wähle ich dagegen das Recheckt mit den beiden Klammern und dem Punkt in der Mitte, so wird zwar weiterhin die gesamte Breite eines Bildes erfasst, die schärfste Messung erfolgt aber in der Mitte der Aufnahme. Das bedeutet, mein Hauptmotiv befindet sich in der Mitte und ist vom Rest des Bildes hervorgehoben. Das ist optimal, wenn ich einen Menschen, einen Blumenvase auf dem Tisch, einen Hund der vor mir sitzt oder etwas ähnliches fotografiere. Eigentlich alles, was ich mittig vor mich positioniert habe. Entscheide ich mich für das letzte Rechteck, also das in dem es nur einen Punkt gibt, so werden besonders kleine Dinge auf meinem Bild gemessen und erfasst. Das kann eine Blume auf einer Wiese sein, aber auch eine Kirche oder ein Gebäude in weiterer Entfernung was auf meinem Foto sehr klein dargestellt wird.

  Der ISO-Wert 

Folgen wir unserer Leiste von links nach rechts, so sehen wir als nächstes den Begriff ISO und darunter eine Zahl, zum Beispiel 200. Ach ja, es dürfte auffallen, dass viele Werte auf unserer Leiste hin und her springen. Das gilt auch für den ISO-Wert. Der war gerade bei 200 und ist jetzt vielleicht bei 250 oder 160. Das Wechseln der Werte liegt daran, dass so lange wir noch keine Einstellungen vorgenommen haben, das Handy permanent Lichtmessungen durchführt und die optimalen Werte für ein Foto versucht zu bestimmen. 

Viel spannender ist die Frage, wofür der ISO eigentlich steht und was ich damit machen kann. Hierzu eine kleine Zeitreise. Vor vielen, vielen Jahren, als ich noch ein Kind war, in meiner Heimat noch Straßenbahnen fuhren und ein Jahr unendlich lange dauerte, war es meine Mutter die leidenschaftlich gerne fotografierte. Für ihren Fotoapparat benötigte sie einen Film einen diesen kaufte sie im Fotogeschäft. Dabei wurde sie vom Verkäufer jedes Mal gefragt wo sie fotografieren würde und ich habe das nie verstanden. Um ehrlich zu sein, habe ich sogar gedacht, der blöde Typ hinter dem Tresen wolle nur mehr über meine Mutter erfahren. Wie gesagt, ich war naiv und ein Kind. Aber, die Frage von ihm war berechtigt, denn für Aufnahmen in einer sonnenreichen Gegend, wie Griechenland oder Spanien, da brauchte man einen weniger lichtintensiven Film, wie zum Beispiel in den dunklen Bergen Skandinaviens. Je nach Reiseziel bekam meine Mutter also einen Film mit einem höheren oder niedrigeren ISO-Wert. Nun legen wir heute natürlich keine Filme mehr irgendwo ein, schon gar nicht in ein Huawei P30 Pro, aber die Frage der Lichtintensität, sie bis heute geblieben und deshalb ist es wichtig, dass wir den ISO-Wert unserer Kamera steuern können. Genau das passiert hier und mit dem Reiter ISO. Drücken wir darauf, können wir unseren Wert konfigurieren und den äußeren Lichtverhältnissen anpassen. Haben wir normales Tageslicht und Sonne, so langt ein ISO-Wert von 100 absolut aus. Ist jedoch es jedoch draußen grau und eher dunkel, wählt man hier einen ISO-Wert von 200. Nachts ist der Wert nochmal höher, hier sollte er bei 400 liegen. Man kann aber noch viel, viel weiter gehen, je nachdem wo und wie man gerade fotografiert. Macht man einmal den Spaß und schiebt den Regler für den ISO-Wert ganz nach rechts, dann sieht man dort eine absolut irre und absurde Zahl, die selbst meine teure Nikon nicht mehr schafft.
 
Ich glaube, es ist an der Zeit, dass Ganze mal an einem Beispiel zu erklären. Stellen wir uns doch mal vor, wir sind in einem Urlaub auf einer griechischen Insel. Wir sind am Strand und fotografieren das Meer im Pro-Modus. Ganz links wählen wir bei der Messung das Rechteck mit den zwei Klammern für weite Aufnahmen und da die Sonne bei 40 Grad im Schatten auf uns  nieder brennt, ist unser ISO-Wert bei 50. Damit hat das Bild die optimale Helligkeit und es wird erfasst, was erfasst werden soll.

Auf dem Heimweg kommen wir an einer kleinen orthodoxen Kirche vorbei. Wir gehen hinein und sehen in geringer Entfernung einen Altar mit einem Kreuz darauf. Wir greifen zum Handy, wollen im Foto-Modus fotografieren, der Blitz geht an, doch der Pope aus der Kirche gebietet uns Einhalt. Blitzen ist hier nicht erlaubt. Was nun? Die AI könnte vielleicht helfen oder, man ahnt es schon, wir wechseln in den Pro- Modus. Nun soll was vor uns ist (nämlich Altar und Kreuz) gemessen werden, also Rechteck drücken und zum Recheckt mit zwei Klammern und Punkt wechseln. Außerdem ist derart es dunkel, dass die Kamera nichts mehr sieht. Wir gehen also auf ISO und wählen einen Wert bei 2000 und siehe da, wir kommen zu einem tollen Bild auch ohne Blitz. Wobei sich hierfür natürlich auch der Nachtmodus oder die AI anbieten würden. 

Die Belichtungszeit

Rechts neben dem ISO-Wert sehen wir ein großes S und darunter einen Bruch. Hier wird die Belichtungszeit angegeben, welche in Sekunden gemessen wird. Bei mir wird aktuell 1/50 einer Sekunde angegeben, dass bedeutet, der Sensor meiner Kamera wird beim Auslösen für 1/50 einer Sekunde beleuchtet. Die Belichtungszeit gibt also an, wie lange lange mein Auslösen dauert und wie lange dadurch Licht auf den Sensor fällt. Tippen wir auf den Bruch so öffnet sich eine neue Leiste mit Werten von 1/4000 bis 30. Das heißt, wir können eine Belichtung von 1/4000 Sekunde bis 30 Sekunden wählen und das ist wirklich großartig, denn die Belichtungszeit hat ganz massiven Einfluss darauf, wie unser Bild am Ende ausschaut.

Stellen wir uns doch, um das besser zu verstehen, einfach mal zwei verschiedene Fotosituationen vor:

1. Wir sind bei einem Fußballspiel und befinden uns mit unserem Handy direkt am Spielfeld. Wir haben freie Sicht und wollen ein Foto vom Spiel machen. Wir fotografieren im normalen Foto-Modus, die AI ist ausgeschaltet. Was erhalten wir als Ergebnis? Im besten Falle erhalten wir ein Foto mit noch scharfem Hintergrund, die Spieler aber sind verwackelt. Das Foto ist also unbrauchbar.

2. Wir sind auf einer Autobahnbrücke und fotografieren am späten Abend die Autos, die unter uns entlang fahren. Unser Ziel ist es, dass die einzelnen Lichter der Wagen miteinander irgendwie verschmelzen und einen Lichtstreifen ergeben. Wir fotografieren auch jetzt wieder im normalen Foto-Modus, bei ausgeschalteter AI. Natürlich, würde man hier eher zur Lichtmalerei greifen, aber das Beispiel dient ja hier nur dem Verständnis. Was erhalten wir als Ergebnis? Richtig, ein sehr dunkles und verrauschtes Foto auf dem noch immer einzelne PKW zu erkennen sind und einige Lichtpunkte. Auch dieses Mal ist das Foto unbrauchbar.

Woran liegt das?

Nun, in beiden Fällen ist eine falsche Belichtungszeit der Grund für unsere so schlechten Ergebnisse. Sucht man im Netz den Begriff "Belichtung" oder "Belichtungszeit" so werden verschiedenste Faustregeln und Formeln genannt, mit denen man angeblich "perfekt" ans Ziel kommt. Da gibt es dann so verwirrende Dinge wie Brennweite x Oberweite des Models, geteilt durch den ISO-Wert und die Länge des Stativ. Was für ein Schwachsinn.

Alles was man wissen muss ist: Kurze Belichtungszeiten frieren Bewegungen ein bzw. stellen Bewegungen auf einem Foto gestochen scharf da, lange Belichtungszeit lassen Bewegungen in einander verschmelzen. Schauen wir uns dazu noch einmal unsere Beispiele von eben an, dieses Mal aber fotografiert im Pro-Modus:

1. Wir sind bei einem Fußballspiel und befinden uns mit unserem Handy direkt am Spielfeld. Wir haben freie Sicht und wollen ein Foto vom Spiel machen. Wir fotografieren im Pro-Modus. Wir wählen das Rechteck mit den beiden Klammern (ganz links), so dass das gesamte Bild gemessen wird und bei der Belichtungszeit 1/1000 Sekunde. Nun wird nur für den minimalen Bruchteil einer Sekunde ausgelöst. Was ist das Ergebnis? Ein gestochen scharfes Bild bei dem die Spieler in ihrer Bewegung absolut scharf dargestellt werden.

2. Wir sind auf einer Autobahnbrücke und fotografieren am späten Abend die Autos, die unter uns entlang fahren. Unser Ziel ist es, dass die einzelnen Lichter der Wagen miteinander verschmelzen und einen Lichtstreifen ergeben. Wir fotografieren im Pro-Modus und wählen dieses Mal das Rechteck mit dem Punkt in der Klammer (ganz links) weil sich die Objekte vor uns befinden und besonders die Autos gemessen werden sollen. Die Belichtungszeit setzen wir auf 20 Sekunden. Das Auslösen dauert jetzt richtig lang und wir können im Display mitverfolgen wie die Lichter der Wagen miteinander verschmelzen. Wir haben erreicht was wir wollten.
 
Aber, was ist das? Nun sind zwar alle Bewegungen scharf, aber das Bild ist irgendwie wesentlich dunkler geworden und im zweiten Beispiel ist es genau das Gegenteil. Das Foto ist fast etwas hell und das, obwohl wir es doch am späten Abend gemacht haben. Was ist da nur passiert?

Nun, die Belichtungszeit ist die Zeit, in der der Sensor der Kamera mit Licht bestrahlt wird. Belichte ich mein Foto nur kurz, um eine Bewegung einzufrieren, ist es ganz logisch, dass es dunkler wird und umgekehrt, fällt bei Nacht viel Licht auf den Sensor, ist auch klar, dass unser Autobahnbild zu hell wird. 

Hier kommt nun wieder die Lichtempfindlichkeit unseres Sensors, gemessen in ISO, ins Spiel. Ändere ich meine Belichtungszeit, so kann ich die Helligkeit meiner Aufnahme dementsprechend anpassen, in dem ich auch den ISO-Wert ändere. Will ich einen Fußballspieler, eine Welle, einen fliegenden Vogel oder ähnliches in Bewegung fotografieren, so gilt: Belichtungszeit nach unten, ISO-Wert nach oben. Will ich dagegen Lichter oder Wasser verschmelzen lassen, so gilt: Belichtungszeit nach oben und ISO-Wert nach unten.

Die Belichtungskorrektur EV 

Schauen wir wieder auf unsere Leiste. Rechts neben der Belichtungszeit sehen wir die Buchstaben EV und darunter eine Zahl. Tippt man dort drauf, so sieht man erneut einen Schieberegler. Er steht in der Mitte, in der Regel bei 0 und kann sowohl nach links (-) als auch nach rechts (+) verschoben werden. Dieses Mal sind die Werte in Dezimalzahlen, also mit Komma angegeben.

Bewegt man den Schieberegler nach links, so wird das Bild deutlich dunkler, schiebt man ihn nach rechts, so erhellt sich die Aufnahme. EV steht für "Exposure Value" bzw. Lichtwert und hier kann man das Licht auf dem gesamten Bild um Lichtfaktoren ändern. Hierfür gibt es im Internet dutzende Erklärungen, Tabellen und Richtlinien, wie man das EV anpassen solltet, wenn man die Belichtungszeit manuell einstellt. Das alles hier aufzuführen und zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen.

Der Autofokus AF 

So und nun, nach soviel Licht, ein Thema was wieder etwas einfacher daher kommt und auch nur auf den zweiten Blick mit der Beleuchtung zu tun hat. Schauen wir auf unserer Leiste rechts neben EV so sehen wir dort die Buchstaben AF und darunter die Abkürzung AF-C. AF steht hierbei für den Autofokus. Er verleiht der Kamera die Intelligenz auf bestimmte Motive bzw. Motivarten scharfstellen zu können. "Hö? Da gibt es unterschiedliche Fokus?" fragt da der Laie, "aber bei mir stellt die Kamera immer scharf". Stimmt. Im Regelfalle tut sie das und doch, gibt es ein großartiges Beispiel dafür, dass sie es manchmal eben doch nicht macht. Versuchen wir doch mal im normalen Foto-Modus und ohne AI die Blüte eines Gänseblümchen zu fotografieren! Geht nicht, denn der Autofokus stellt hier auf das gewünschte Motiv nicht scharf. Selbst wenn wir unseren Fokus selber wählen. Umso näher wir an die Blume gehen, umso unklarer und unschärfer wird das alles. Woran liegt das? Nun, jeder Autofokus hat eine Nahgrenze. Irgendwann sind wir einfach zu nah am Ganzen dran und dann ist vorbei. Hätten wir nur eine Art von Autofokus in der Kamera, es wäre euch unmöglich, Makros aufzunehmen und zu fotografieren.

Tippt man auf das AF, so kann man zwischen drei Auto-Fokus Arten wechseln, nämlich AF-S, AF-C und MF. Will man eine statische Szene aufnehmen, etwa ein Bild im Museum, ein Gebäude, Berge etc. dann wählt man hierfür AF-S. Bewegt sich das Motiv dagegen, dreht es sich also zum Beispiel um fließendes Wasser, Wellen, fliegende Vögel oder unsere Fußball-Spieler, dann nimm man AF-C und will man ganz nah an ein Motiv, zum Beispiel um ein Makro von einer Blüte zu machen, dann ist MF die richtige Wahl.

Ganz wichtig bei all dem: Nicht "Bildmessung" und "Autofokus" verwechseln. Auf unserer Leiste ganz links, kann man mit dem Rechteck bestimmen, was gemessen werden soll und wie. Das hat nichts mit dem Autofokus zu tun. Ihn regelt und steuert man alleine über diesen Reiter auf der Liste.
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